Holmes – |
DE |
|||
|---|---|---|---|---|
Alois Feusi |
Dass Sir Arthur Conan Doyle seinen Sherlock Holmes bei den Reichenbachfällen zu Tode stürzen liess, war ein Glücksfall für Meiringen. Seit über 120 Jahren pilgern Holmes' Verehrer ins Berner Oberland.
Ein spektakulärer Abgang sollte es schon sein, denn einen Sherlock Holmes lässt man nicht einfach sanft auf dem Totenbett die Seele aushauchen. Und dass der Meisterdetektiv würde sterben müssen, stand fest. Nach zwei Dutzend Erzählungen im «Strand Magazine» war Sir Arthur Conan Doyles scharfsinniger Held zur Legende geworden. Sein Erfinder allerdings war es leid, stets mit dieser Figur in Verbindung gebracht zu werden. Er selbst definierte sich lieber über seine «seriösen» Werke mit Titeln wie «Wellington and his Comrade», «The Napoleonic Soldier», «Fishes, Beasts and Birds of the Amazon Region» oder «Synopsis of Geology». Spektakulär war das Ende des englischen Genies mit dem legendären Spürsinn tatsächlich. Im Ende 1893 veröffentlichten Roman «The Final Problem» liess Doyle Sherlock Holmes und dessen ewigen Widersacher Professor James Moriarty am 4. Mai 1891 bei einem Ringkampf gemeinsam in die Gischt der Reichenbachfälle bei Meiringen stürzen. Dies garantierte Nervenkitzel, und Meiringen kam zu einer exquisiten Attraktion. Bald reisten neben den üblichen britischen Gästen jener touristischen Blütezeit auch Sherlock-Holmes-Bewunderer an, um die Stätten dessen letzter Tage zu besuchen und den wildromantischen Ort seines Todes mit eigenen Augen zu sehen. Dies taten sie auch, nachdem Doyle 1903 Holmes wiederauferstehen lassen hatte. Und sie tun es noch immer. Der Detektiv ist der erste und einzige Meiringer «Ehrenbürger». Seit 1991 ist in der ehemaligen englischen Kirche ein Sherlock-Holmes-Museum eingerichtet. Dort findet man Merkwürdiges, Spannendes und Seltsames rund um Holmes und dessen Gehilfen Dr. Watson. Das Kernstück ist das nach Doyles Texten akribisch rekonstruierte Wohn- und Arbeitszimmer an der Baker Street 221B in London. Kenner entdecken dort eine Reihe von Anspielungen auf Holmes' Fälle. So ist die bei einem Trödler erstandene Stradivari-Geige ebenso zu sehen wie der abschliessbare Ständer mit drei Whisky-Karaffen, der persische Pantoffel für die Aufbewahrung des Tabaks sowie viele andere sorgsam arrangierte Details mehr. Daneben gibt es Artefakte wie Holmes' Deerstalker-Mütze und seinen karierten Umhang, die geschwungene Calabash-Pfeife und natürlich seine Lupe. Bemerkenswert ist auch eine Originalausgabe der «Times» vom 14. Februar 1910 mit einem Bericht aus Genf. Der Korrespondent schreibt, dass die Schweizerischen Bundesbahnen auf ihren Bahnhöfen ein Verkaufsverbot für britische Schundromane – unter anderem auch jene von Sir Arthur Conan Doyle – erlassen hätten, weil diese einen schlechten Einfluss auf die Jugend ausübten. Doyle habe sich darauf mit einer schriftlichen Erklärung an die Bahnleitung gewandt, wonach seine Bücher, wie viele andere auch, die von der Insel auf den Kontinent gelangten, nicht bloss Schund seien – allerdings vergeblich. Dieses Wochenende nun feiert Meiringen das 25-Jahr-Jubiläum des Museums und gleichzeitig Holmes' 125. «Todestag». Es gibt Lesungen und Musik, eine Sonderausstellung wird eröffnet, und auf dem samstäglichen Markt werden Sherlock-Holmes-Spezialitäten feilgehalten. Die Reichenbachfall-Bahn offeriert reduzierte Tarife für die Fahrt zur Absturzstelle, und Hobbydetektive können auf einer Schnitzeljagd durchs Dorf ihr kriminalistisches Gespür testen. Das ist eine kostenlose Attraktion, die Kindern und Erwachsenen viel Spass macht. Sie soll das Jubiläumsfest überdauern und bis Oktober angeboten werden. http://www.nzz.ch/panorama/aktuelle-themen/ein-fest-fuer-einen-legendaeren-detektiv-meiringen-feiert-sherlock-holmes-ld.85053, |
|||